Dilemma, Dilemma... Einerseits hab ich mich wie irre gefreut und ein bisschen stolz hat es mich auch gemacht, als mich Gernot vor ein paar Wochen gefragt hat, ob ich einen Beitrag zu seiner Next Level Mentaltraining - Reihe machen möchte, andererseits hat ein Teil von mir sofort aufgeschrien: "Was, ein Video auch? Ich vor der Kamera!?" Dieser Teil wollte kneifen.
Kneifen ist aber nicht, durch Herausforderungen wächst man und somit hab ich sofort zwar ein bisschen nervös, aber freudig zugesagt. Nach dem Motto: Fuck it, Augen zu und durch! Das würde schon irgendwie klappen. Hat es auch letztendlich. Aber ganz so glatt und g´schmeidig lief es dann doch nicht.
Deshalb gibt´s heute ein Making of, ein Behind the Scenes zu meinem 1. Youtube Video zum Thema Spiegelgesetz.
Oh Ironie, wie passend!
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Zu den Vorbereitungen: Die waren schnell erledigt. Wieder einlesen in die Thematik, einige Videos von Kollegen anschauen (ratsam nur bis zu einem gewissen Grad), viele gute technische Tipps und Anregungen in puncto Setting, Kleidung und Vortrag geholt, ein Ansteckmikro besorgt, Text geschrieben und dann sollte es am nächsten Sonntag losgehen mit dem Videodreh.
Zum Videodreh: Der war nicht ganz so schnell erledigt. Ich versuche hier einen ungefähren chronologischen Überblick zu geben, damit Du Dir ein Bild machen kannst. Und keine Sorge, es kam niemand zu Schaden und mir geht es gut.
Samstag Abend: Ich sollte meinen Text lernen, freut mich nicht. Kann ich eh schon so halbwegs. (NOT!)
Sonntag Morgen, 07:30: kampelt und gwaschen, bereit zum Video machen.
08:00: Leseprobe. Laut. Das geht so nicht. Das muss ich umschreiben. Also los, umschreiben, wieder lesen, jetzt aber.
09:00: Heiß wird´s heute, an die 30 Grad... hätt vielleicht erst alles herrichten sollen und dann duschen... ok, passt schon, los geht´s
09:30: Nach x Versuchen ein gerades, ausgewogenes Bild zu bekommen kann ich loslegen (ich musste noch ca. 30 Mal zwischen meinen Versuchen adjustieren, ich spar mir die Aufzählungen)
Take 1 - 8: Versprochen im 1. Satz. Versprochen im 2. Satz. Ich kann den Text nicht. Ich bleib hängen. Versprochen im 5. Satz. Umziehen. Nachschminken. Im sitzen reden ist blöd. Ich versuch´s im stehen. Nein, geht nicht, ich hampel zu viel herum. Da wird dem Zuschauer schwindlig... Wenn ich so weitermach, dann wird sich das eh keiner anschauen. (Mein Kritiker rechts hinterm Ohr). Okay, durchatmen. Nochmal. Setz dich grad hin. (Stimme meiner Mutter) Beine überschlagen oder nebeneinander? Oberkörper nach links drehen? Da schaut aber der Busen komisch aus. Was macht die Katze im Bild? Warum kratz ich mich plötzlich im Gesicht? Lass das. Versprochen, im vorletzten Satz. Was macht die blöde Fliege vor meiner Nase? Geh weg! Und warum fängt jetzt ein Vater-Kind-Hund Gespann vor meinem Fenster zum Brüllen bzw. Bellen an? Ok, Fenster zu. Nochmal. Mittlerweile werd ich textsicher, aber wenn man ein Wort oft wiederholt, wird das ganze Wort seltsam... so auch mein Text.
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Mittag, kurze Pause zum Wassertrinken. "Mami, was gibt´s zum Mittagessen?" Aaarrrghhhhh! "Die Küche hat heute geschlossen. Mach Dir einen Snack, ich geh weiter filmen." "Wie läuft´s?" "Läuft nicht."
Take 9 - 13: Weiter geht´s. Ok, war ganz gut. Leider baumelt das Mikrokabel zwischen meinen Beinen. Also nochmal. Zuerst nachschminken. Was ist jetzt los? Ah, Handyspeicher voll. 2 mal hintereinander. Was mach ich eigentlich mit meinen Armen. Wie roll ich doof die Augen? Und warum mach ich sie jetzt zu? Bin das ich? Echt? Baucheinziehen. Gerade hinsetzen. Du musst abliefern. Jetzt. Mist. Das wird nix. Und überhaupt, wie schaut´s hier eigentlich aus?
15:30 Doofes Video. Ich bin unfähig und grantig. Doofer Gernot... (Projektion!) Nein, nicht doofer Gernot, der ist nur lieb und will, dass du weiterkommst, wächst, besser wirst. Freu dich! Der traut dir das zu, sonst hätt er dich nicht gefragt. Was, wenn er´s doof findet? Dann ist es so. Ich will aber, dass er´s gut findet! Ich will mich selber gut finden! Videogen und talentiert in der freien Rede möcht ich sein. Und wirklich, in dieser Stunde der Pein 10 Kilo leichter. (Eigentlich nur 5, aber die Kamera schummelt ja wieder 5 drauf....)
Mein Kind will das Gejammer nicht hören. Sie sagt, ich spinn. (Ja, wohl ein bisschen) Sie könne sich ja mit dem Staubsauger hinter mich setzen und das Fett nach hinten saugen. Das sitzt. Und ich muss lachen.
Und es hilft an diesem heissen Nachmittag nur noch eins. Ich putze. Das ganze verdammte Haus. Wie eine Verrückte. Der Grant muss raus. Ich weiss, dass das so nix mehr wird heute. Das hier ist Post-PMS-Selbstmitleid-Stressbewältigung in purster Form! Es wirkt und am Abend hab ich zwar kein Video in dem ich glänze, dafür ein gemütliches Heim, in dem es glänzt. Alles ist gut. Morgen ist auch noch ein Tag.
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Ich erspar Dir eine Schilderung des nächsten Tages. Ich brauchte noch ungefähr fünf Versuche und dann hatte ich zwei Versionen, mit denen ich zufrieden war.
Was mit mir passiert ist, möchte ich Dir aber gerne erzählen. Denn vielleicht zweifelst auch Du manchmal an Dir und an Deinen Fähigkeiten. Oder Du ärgerst Dich, weil etwas nicht so klappt, wie Du es Dir vorgestellt hast. Dann erinnerst Du Dich vielleicht beim nächsten Mal an diese Geschichte und kannst über mich und Dich selbst schmunzeln.
Ich hab mich so selbstkritisch in die Mangel genommen und mich mit anderen Menschen verglichen, dass ich mir für einen Tag die Freude und die Begeisterung an dieser Herausforderung genommen habe. Ich bin in ein altes Muster zurück, ich hab über mich selbst genörgelt. Das Warum (die gute Sache) ist dem Wie (wie komm ich an) gewichen. Meine Vision und Mission wurden quasi von meinem Ego platt gemacht. Die Herausforderung wurde zum Stress.
Nicht gut.
Dann hab ich begonnen mir wichtige Fragen zu meinem Selbstbild und zu meiner Identität zu stellen. Wie möchte ich sein, wie möchte ich gesehen werden, was will ich erreichen? Ich möchte kompetent und authentisch, nicht nur wirken, sondern auch sein. Ich möchte andere Menschen zum Lachen bringen, ihnen helfen nicht alles so Ernst zu nehmen, sich selbst zu entdecken. LACHEN ;-) Es gibt für mich nichts Schöneres, als lachende und entspannte Menschen. Und hier ist der Spiegel: Wie soll das gehen, wenn ich nicht über mich selbst und meine Blödheiten lachen kann?
Die vielen Versuche haben was ausgelöst: Ich konnte mich selber immer besser betrachten, immer weniger kritisierend, immer mehr wohlwollend und liebevoll. Hab ich mich an mein Spiegelbild gewöhnt? Von einer Aufnahme zur nächsten habe ich entdeckt, was ich gut mache und was ich noch besser machen kann. Ich hab aufgehört an mir herumzumäkeln. Ich hab begriffen, dass dieses Video ein Angebot von mir an die Menschen ist, die sich dafür interessieren und kein Wettbewerb. Wem es gefällt, gut! Wem nicht, auch gut!
Ich hab die chice Kleidung gegen Jeans und T-Shirt getauscht, ich bin wieder ich geworden und das hat mir gefallen. Ich hab mir gefallen! Ich war zufrieden. Nicht zu 100%, aber es ist okay wenn es Luft nach oben gibt!
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Ich hatte noch ein sehr interessantes Gespräch mit Gernot, als wir gemeinsam Prüfungen abgenommen haben. Ich erzählte ihm von meinem Making-of und meinen Spinnereien. Er musste so lachen. Und das war so schön. Und befreiend. Er kennt meine Spinnereien von sich selber.
Ein Blick hinter die Fassade eines anderen Menschen oder jemanden hinter die eigene Fassade blicken zu lassen ist eine wunderschöne Sache, denn dort wird uns offenbart was wir gemeinsam haben, was uns verbindet. Hier sehen wir, dass wir zum größten Teil alle die gleichen Ängste und Zweifel hegen. Und das zu wissen macht es soviel leichter sich mit Liebe und Mitgefühl zu begegnen.
Ich bin für die Gelegenheit dieses Video zu machen sehr dankbar. Ich habe jetzt keine Angst mehr sichtbar zu werden und weiter neue Dinge auszuprobieren. Vielleicht werd ich mir noch ab und zu denken "Was denken denn die anderen von Dir?", aber dieser Gedanke wird durchziehen können, ich will ihn nicht mehr festhalten. Ich will nicht mehr jedes Wort auf die Wagschale legen, mich selbst zensieren, an mir herumkritisieren. Ich will mich weiterentwickeln, mir erlauben zu scheitern, Erfolg zu haben und zu wachsen.
Ich gebe mein Bestes, und wenn das je nach Tagesverfassung nicht immer 100% sind, sondern manchmal nur 75%, 50% oder 85%, so be it!
Danke Gernot, nicht nur dafür, dass Du als alter Perfektionist über das Ratter-Geräusch im Hintergrund hinwegsehen konntest.
Für das nächste Video besorg ich mir ein Mikro, das auch wirklich funktioniert. Nach 18 Durchgängen bin ich nämlich drauf gekommen, dass mein Handy und das Mikro nicht kompatibel sind. Scheiss-Technik! :-)
Bis zum nächsten Mal und alles Liebe,
Lydia
Was es ist
Es ist Unsinn
sagt die Vernunft
Es ist was es ist
sagt die Liebe
Es ist Unglück
sagt die Berechnung
Es ist nichts als Schmerz
sagt die Angst
Es ist aussichtslos
sagt die Einsicht
Es ist was es ist
sagt die Liebe
Es ist lächerlich
sagt der Stolz
Es ist leichtsinnig
sagt die Vorsicht
Es ist unmöglich
sagt die Erfahrung
Es ist was es ist
sagt die Liebe
Erich Fried
Mit diesem Link kommst Du auf den Youtube Kanal von Next Level Mentaltraining!
Reinschauen lohnt sich :-)
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