"Tantra sagt, nimm dich an wie du bist. Du bist ein großes Mysterium aus vielen mehrdimensionalen Energien. Nimm das an, und folge jeder Energie mit viel Sensibilität, mit Bewusstheit, mit Liebe, mit Verständnis. Bewege dich mit ihr!" (Osho) Soweit so gut!
War ich der Meinung, der letzte Vollmond im September hatte es schon in sich, weil er mit einem Freitag den 13. zusammenfiel, so kann ich nach dem Vollmond im Oktober nur lachen… denn der, oder besser gesagt, das Schnupperseminar, das ich besucht habe, vielleicht auch beides zusammen, hat mich nicht nur (Becken)-geschaukelt, sondern an meine Grenzen gebracht und für eine kurze Zeit weit aus meiner Komfortzone katapultiert, ich glaube ich habe ein Schaukeltrauma…
Also teile ich heute gerne mit euch - zu Selbstheilungszwecken - meine Erfahrungen aus dem sowohl ersten, als auch sicherlich letzten Tantra Seminar, das ich jemals besucht habe.
Ich reflektiere schreibend. Und ich benutze, mein zum ständigen Unwort gekürtes Wort „reflektieren“ ganz bewusst. Ich sinne nach über Erlebtes, philosophiere eventuell ein bisschen, ziehe daraus meine Schlüsse und lerne dabei etwas über mich, im besten Fall… okay, vielleicht mach ich mich hie und da ein wenig lustig, auch gut. Ich darf das. Ich kann ja auch über mich selbst lachen. Und das geht heute, ein paar Tage nach Tantra wieder…
Warum „reflektieren“ für mich ein ständiges Unwort ist? Weil es, wenn es als Deckmantel für
eigentlich jammern, herumeiern und sudern dient, nichts anderes ist als Raub von Kraft und Zeit. Und damit ist Schluss. Meine ausführliche CaftanLady-These dazu wird es demnächst in einem extra
Artikel geben. Heute geht´s um wichtigeres, mein Trauma muss heilen ;-)
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Tantraaaaa …aaaaaahhhh!
Letzten Sonntag hab ich mich, im großen und ganzen eigentlich ganz frohen Mutes nach Linz bewegt und den Gutschein eingelöst, den mir mein lieber Freund und Kollege Gernot zähnefletschend und bös grinsend fast ein Jahr zuvor geschenkt hat. „Das wird dir gut tun! Genau das richtige für Dich“ … „Ähmm, danke. Ich zieh mich sicher nicht aus, und greif auch niemanden an… und wenn mir jemand zu nahe kommt, renn ich schreiend weg! Aber ja, danke vielmals für das Geschenk.“
Na gut. Ich wollte den Gutschein nicht verfallen lassen, das wäre mir als überaus unhöflich erschienen. Und vielleicht kann man ja wirklich was
für sich aus so einem Tag mitnehmen? Einfach mal anschauen... Das waren meine Gedanken.
Was ist Tantra eigentlich, fragst du dich gerade? Google bitte nach. Mir wurde es so erklärt: Tantra soll dich erden und mit Energie versorgen, und kann dich unterstützen tolle Verbindungen mit Menschen einzugehen. Hilft dir zu entspannen, verbindet deine Sexualität und Spiritualität und bringt dich in deine schöpferische Kraft!
Super, klingt ja alles sehr gut! Vor allem das Entspannen und Entstressen und die kreative Kraft!
Vor allem, wenn du als gestresste One-woman-single-Mami-Show bereits verzweifelt dein Telefon suchst, während du telefonierst oder erst vor
kurzem gedacht hast, deine letzten Sekunden haben geschlagen… ganz kurz nur zur Erklärung: ich wollte gleichzeitig die Dusche putzen und meinen Körper pflegen, weil Stress, weil keine Zeit…
plötzlich hatte ich schwerste Bedenken, ob einer eventuellen Reaktion zwischen Putzmittel und Enthaarungscreme – ein bisschen schwindlig war mir schon! Das wäre eine ganz schön explosives Ende
gewesen!
Explosiv, aber nicht ganz so friedlich und romantisch wie das eine, das ich mir vor meinem inneren Auge ausgemalt habe, als ich neulich mal ganz Abenteuerin einen neuen Weg auf meinen Hausberghügel gesucht habe und mich dabei in einer plötzlich auftauchenden Schlucht im Nirgendwo verlaufen hab... Akku ging auch noch aus, na bravo! Nach einem kleinen Anfall von Hysterie, war es mir wichtig meinen Atem zu beruhigen, denn sollte ich hier auf diesem Berg vor lauter Überanstrengung das Zeitliche segnen, so wäre es mein Wunsch gewesen, dass mich der Suchtrupp friedlich lächelnd an einen Baum gelehnt gefunden hätte, damit meine Kinder sicher sein konnten, dass das Ende kein grausamer Lebenskampf, sondern ganz lieblich und ausgesöhnt.... okay, ich schweife ab, um das Wesentliche vielleicht noch ein bisschen hinauszuzögern... ich hab´s ja überlebt und bin stärker als zuvor von meinem Hügel letztendlich wieder herabgestiegen, fast getänzelt, als Heldin des Häfelbergs.
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Und auch das Tantra Seminar hab ich überstanden… wildes 2019!
Es gab Dinge, die mich während dieses Seminars sehr berührt haben und die ich mir definitiv merken und anwenden werde. Und es gab Dinge, die sind echt nix für mich. Aber echt gar nix. Null. Nada. Brrrr… dazu gehören dünne geflochtene Zöpfchen die aus Kurzhaarfrisuren herabhängen und bequeme Tantrabekleidung in hässlichen bunten Farben. Und das ist erst das harmlose Zeug! Ich will kein Nilpferd oder keine Katze sein, das/die sich an den anderen Fremden im Raum reibt und dabei schnurrende Geräusche von sich gibt. Ich weiß grad nicht so genau, wie sich ein Nilpferd anhört. Aber auch diesen Laut möchte ich nicht von mir geben. Und ich will mich sicher nie wieder jemandem annähern und gegenüberstellen um dann mein Becken im gemeinsamen Rhythmus vor und zurück zu schaukeln und beim Ausatmen „haaaaaaaaaa“ zu stöhnen... äh tönen. Während man sich dabei in die Augen schaut! Ahhh, ich glaube, das Trauma ist größer als ich dachte! Ich wäre fast im Erdboden der Peinlichkeit versunken! Eingestellt war ich auf Meditationen und Atemübungen. Nachher ist man immer g´scheiter.
Wann immer mir – soviel zum Thema Selbstbeobachtung – das alles zu viel wurde (der Tag schien endlos), hat sich entweder mein Mismatcher/innerer Kritiker laut gemacht und hemmungslos zu kritisieren (also in meinem Kopf, sonst hätten sie mich wohl rausgeschmissen!) angefangen oder ich hab nach Skurrilitäten gesucht und mich über dieses ganze Spektakel mit mir mitten drinnen lustig gemacht …. „schau dir die an, das Yogapuppi mit den engen Pants… ahhh! Drei Monate gerade in Spanien gelebt, la vida loca also… mmmhh, die Meditation ist aber kein sexy Bauchtanz, Mädel…. bist ja soooo offen für das alles, gell? Dein nervöses Kichern verrät dich aber, so cool und easy ist´s für dich auch nicht… ich fühl mit dir, Schwester… “ Böse zum Teil, ich weiß, zum Selbstschutz, ja mei… es geht noch weiter! „Was? Hahaha, so sexy und dann weisst du nicht wo dein Pubococcygeus ist und wie man den anspannt? Gibt´s ja ned… und nein liebe Tantralehrerin, mir ist Pubococcygeus nicht zu kompliziert, weil ich hab STUDIERT!!! ICH BIN GEBILDET!" Mein EGO musste schreien!!!! So laut! "... aber du kannst trotzdem gerne Pinkelmuskel sagen…“
Uff… anstrengend... ich selbst, das was sich in meinem Kopf abgespielt hat und die anderen Menschen. Dazu die Vortragenden, die mit säuselnder, sexy Stimme durchs Mikrophon ihre Schnuppertag Texte fast schon ein wenig zu routiniert abgespult haben. Erhaben und guruesk, ein bisschen, stets weise und wie zugekifft lächelnd, ein bisschen abgehoben und unnahbar, als wäre der Ort an dem sie bereits sind für uns noch weit, weit entfernt. Ist er wohl auch. Gut so. Der Ort kann unerreichbar sein, ich will dort auch nicht hin. Ich will auch nicht den Schneidersitz zu meiner bevorzugten Sitzposition erklären und mich zukünftig nur noch energiekreierend und beckenschaukelnd vor und zurück bewegen, während ich mich mit anderen Menschen unterhalte und dabei nur noch vegane Früchtetees oder lauwarmes Wasser trinke, nein danke. Vielleicht noch in so komischen veganen Fakeleder Patscherl und Leinenensembles. No way.
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Die zutiefst traurig aussehende Mitte 50 jährige ohne Hüftschwung, oder der etwas kahle ältere Mann, mit mir fast zwanghaft erscheinenden entgleisenden Gesichstszügen, der vor lauter Schüchternheit jedes Seminar bereits zwei- oder dreimal wiederholen musste und zum xten Mal im Schnupperkurs saß, weil die Übungen hier ihn gerade so nicht überfordern, die große Frau, die sich ständig mitteilen wollte, welch harte Zeit sie gerade mitmache, begleitet von wild gestikulierenden weit ausholenden Armen „schaut mich an, seht mich, ich traue mich hier zu sein, ich bin open minded und nicht verklemmt“! Die in der sehr schönen Übung „die Blume laaangsam zum Entfalten bringen“ wie eine Getriebene hektisch an mir herumgezogen hat und dabei dreimal fast über mich gestolpert ist, sodass ich ihr am liebsten an den Kopf geknallt hätte, dass sie mir gerade die Erfahrung einer wirklich sinnvollen Übung geraubt hat (aber das hab ich natürlich nicht, weil ich eh auch lieb bin und ich ihr nicht sagen wollte, dass sie beim Wrestling wohl besser aufgehoben wäre). Der alte ehemalige Outdoor Rafting Guide, der lieber am Berg gewesen wäre und seiner aternativen, jüngeren Freundin zu Liebe mitgekommen ist. Sie alle haben mich auch berührt. Denn wenn man ehrlich ist, verbindet uns viel mehr als uns trennt. Wir haben alle ähnliche Ängste, Wünsche und Bedürfnisse. Man sehnt sich, in der heutigen Zeit vielleicht mehr denn je nach authentischen, liebevollen und rücksichtsvollen Begegnungen, und man merkt, dass es Zeit ist sich mit sich selbst auf geistiger, seelischer und körperlicher Ebene auseinanderzusetzen, wenn man sich als Mensch, als Liebender, als Partner, als Elternteil weiterentwickeln möchte.
Als einige im Laufe des Tages allerdings zu spekulieren anfingen, ob man sich eventuell bei weiterführenden Seminaren wieder sehen würde, war für mich klar. NIE WIEDER, Leute! Das war´s! Adieu, Lebt wohl. Ich war heute mutig genug. Not my cup of tea.
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Von der Spielwiese, die Tantra für scheinbar - weil vielleicht auch gerade so en vogue - polyamoröse Wesen bietet, die die Liebe und die Begegnung zwischen zwei Menschen als zeitlich begrenztes Spiel sehen (bissi pempern für emotional unterernährte und unerreichbare Menschen) habe ich gehört, aber soweit ging das Schnuppern nicht. Zum Glück.
Das einzige was ich ausgezogen habe, war mein Pulli und die Socken. Und das führt mich zu meinen Tipps und dazu, warum so ein Tag vielleicht
ebenso wie genau gar nix vielleicht auch genau das Richtige für mich war. Vielleicht verspürst du ja am Ende dieses Artikels sogar das unstillbare Verlangen, auch mal so einen Schnupperkurs zu
absolvieren (ich hab Gutscheine für Mutige!):
- Für den Fall, dass du dich ausziehen und bewegen musst: Bring ein Deo mit! Es war fürchterlich heiß und ab Nachmittag hat es dementsprechend im Raum gerochen.
- Meine Füße könnte man wohlwollend noch als ein bisschen verlottert bezeichnen, abblätternder Nagellack und ähmm, naja, den Sommer über barfuß gelaufen… man starrt unweigerlich den anderen auf die Füße, wenn man ihnen nicht ins Gesicht sehen will… es gab Füße, die waren noch schlimmer als meine! Viel schlimmer! Also: Fußpflege!
- Wenn es Dir zu steil wird, dann sag was. Wende dich an die SeminarleiterIn, sie sind dafür zuständig! Ich ärger mich, dass ich mich nicht getraut hab, als ich am liebsten getürmt wäre. Das nächste Mal mach ich den Mund auf, sicher!
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Karunesh´s „Heart Chakra Meditation“ kann ich sehr empfehlen, gibt’s auf You Tube oder Spotify. Sehr bewegend in der Gruppe, wenn eine schöne Dynamik entsteht, vorausgesetzt die Teilnehmer sind nicht vorwiegend wie hier erlebt Körperklause mit
rechts-links Schwäche… naja, kann man ja üben ;-) Das Schöne an dieser Meditation nach alter Sufi Tradition ist die Bewegung in alle Himmelsrichtungen, wobei man durch Handbewegungen und
Atmung Altes, Belastendes loslassen und das was man braucht, wie Liebe, Dankbarkeit, Ruhe, Gelassenheit, und Freude zu sich aufnehmen kann. Alles ist Energie!
- Denn das Universum hält alles, was wir brauchen für uns bereit. Das war eine schöne Erinnerung.
- Der freie Raum gehört Dir. Nimm dir was du brauchst, und das hemmunglos. Dieser Satz ist relativ früh am Seminartag gefallen und war für mich die Quintessenz (ich hätte zu Mittag wieder daheim sein können) Was will ich, was brauch ich? Was kann ich mir Gutes tun? Tu´s. Eigentlich ganz easy. Mit oder oder Tantra.
- Sosehr mir Nilpferd und Katze zu spielen fast körperliche Schmerzen bereitet hat, so sehr hat es mir gefallen, als Königin durch den Raum zu schreiten, mir Raum zu nehmen und hoheitsvoll den anderen zuzunicken. Warum um Himmels Willen so viele Teilnehmerinnen vor ihren König- und Königinkollegen einen Knicks gemacht haben ist mir allerdings schleierhaft! Aber vielleicht hab ich da was nicht verstanden, wer weiß das schon.
Alles in allem kann ich diese Reflektion damit beenden, dass mich dieser Tag in alle möglichen Emotionen versetzt hat und ich am Abend vollkommen erledigt war. Ich bin, mit einem Winken, barfuß, die Schuhe in der Hand von dannen gezogen (geflohen) und mir gedacht "na gut, jetzt weißt du das auch!"
Alles gut, ich hab wieder ein bisschen mehr über mich selbst erfahren, die Grenzen ein bisschen ausgedehnt und dieser schräge Tag hat mich zurück an die Tastatur gebracht. Und im stillen Kämmerlein, oder im Auto übe ich brav meine Beckenschaukel, man kann ja nie wissen, gell?
Alles Liebe,
Eure Caftan Lady ;-))
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